Jeden Morgen höre ich den Börsenbericht im Deutschlandfunk. Allmählich komme ich dahinter, was diese Mitteilungen bedeuten. So wurde im Jahresrückblick für 2009 festgestellt, dass die Landesbanken von der Finanzkrise so stark gebeutelt wurden, dass sie nur mit erheblichen Steuermitteln am Leben erhalten werden konnten; in der selben Zeit konnte die Deutsche Bank („Leistung aus Leidenschaft!“) 80% Profit machen. Welche „aus Leidenschaft“ zustande gebrachte Leistung ...
beschert einer Bank 80%Gewinn? Hat der Steuerzahler die den Banken zur Verfügung gestellten Milliarden inzwischen zurückerhalten, da diese doch wieder gute Geschäfte machen? Wenn ich meine dürftigen Habe zur Bank bringe und am Ende des Jahres nichts verloren habe, sondern sogar 2% Zinsen ernte, bin ich zufrieden und erwarte nicht mehr.
Selbst das Ergebnis der Deutschen Bank ist vergleichsweise bescheiden verglichen mit Infineons über 300% Plus in diesem Kalenderjahr. Wie kann ein Unternehmen, selbst ein so hoch technisiertes wie Infineon in einer Krise auf eine Rendite von mehr als 300% kommen? Und auf wessen Konten landen diese fabulösen Gewinne?
Wenn der „Dax“ nach dem in diesem Jahr erreichten „Tief“, das ihn halbierte, am Jahresende wieder die 6.000 Marke erzielte, wie können dann die führenden deutschen Industriebetriebe an einem solchen Mangel an Kapital für ihre Investitionen leiden dass sie, wie man hört, dringend der Unterstützung durch Steuermittel bedürfen?
Viele Fragen, auf die uns unsere gut bezahlten „Wirtschaftsweisen“ und noch höher dotierten Berater überzeugende Antworten geben sollten.
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Mittwoch, 30. Dezember 2009
Samstag, 26. Dezember 2009
Dank an Bischöfin Margot Kässmann
Das aufmunterndste, einsichtigste und klügste, das ich ich vor Weihnachten in der Berliner Zeitung las, war die Erklärung Margot Kässmanns zum Krieg in Afghanistan. Nicht nur hat sie das, was dort zwischen Einheimischen und ausländischem Militär vor sich geht, nicht mit einem verlogenen Begriff geschönt, sondern wahrheitsgemäß Krieg genannt. Sie hat dazu aufgefordert, schnellstens dafür zu sorgen, dass er ein Ende nimmt und die fremden Truppen das Land verlassen. Denn: Es gibt keine gerechten Kriege, ...
sondern nur ungerechte. Und für die jenigen, die den Krieg gegen das Nazireich als Legitimation für Kriege und für Besatzungsregimes missbrauchen, fügte sie sehr richtig hinzu, Hitler hätte man zu rechter Zeit sehr wohl ohne Krieg, durch die Unterstützung der deutschen AntifaschistInnen und durch gemeinsame Maßnahmen des Völkerbunds besiegen können.
Wo bleiben die christlichen PolitikerInnen - von den PolitikerInnen der Opposition, den Linken und den Friedensbewegten ganz zu schweigen - die sich Frau Kässmann an die Seite stellen und ihre Worte in Politik, also in Taten umsetzen?
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sondern nur ungerechte. Und für die jenigen, die den Krieg gegen das Nazireich als Legitimation für Kriege und für Besatzungsregimes missbrauchen, fügte sie sehr richtig hinzu, Hitler hätte man zu rechter Zeit sehr wohl ohne Krieg, durch die Unterstützung der deutschen AntifaschistInnen und durch gemeinsame Maßnahmen des Völkerbunds besiegen können.
Wo bleiben die christlichen PolitikerInnen - von den PolitikerInnen der Opposition, den Linken und den Friedensbewegten ganz zu schweigen - die sich Frau Kässmann an die Seite stellen und ihre Worte in Politik, also in Taten umsetzen?
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Samstag, 7. November 2009
Jubiläumssplitter
Wie ist uns in DDR-Zeiten die siegesbewusste Selbstbeweihräucherung auf die Nerven gegangen, die bei den verschiedenen Jubiläen von allen Medien über das Volk ergossen wurde! Da wussten wir natürlich noch nicht, dass der Westen uns auch auf diesem Gebiet entschieden überlegen ist.
Seit Jahresbeginn wird von der Mainstream Presse und dem FS dem Volk unermüdlich gepredigt, ...
dass die DDR sogar ein viel unrechterer Unrechtsstaat war als die UdSSR. So habe es prozentuell viel mehr Stasi- als KGB-Spitzel gegeben, behauptete ein Reporter einer Phoenix-Sendung, der wohl kaum über verlässliche Zahlen der Zuträger beider Dienste verfügen dürfte. Und natürlich war der DDR-Geheimdienst ganz anders und viel schrecklicher als alle Geheimdienste der westlichen Welt wie auch das Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen viel schrecklicher war als Guantanamo.
Keine Talkshow ließ das Thema aus; wenn sich in einer solchen einmal ein ostdeutscher Kabarettist ein etwas ausgewogeneres Urteil über den längst verwesten deutschen "Unrechtstaat" herausnahm, waren gleich "kompetente" Politikfachmänner zur Hand, deren pauschale Behauptungen vom wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR (Die DDR hatte zwei Millionen Schulden! Zwei Millionen, nicht 200 Milliarden.) man doch wohl glauben müsse.
Herr Hubertus Knabe rügte im DFunk mit drohendem Unterton, dass von ostdeutschen SchülerInenen sein geschichtsbildendes Institut so viel weniger frequentiert werde als von westdeutschen. Könnte es sein, das sich diese lieber von ihren Eltern anstatt
von Herrn Knabe historisch bilden lassen? Und könnten größere Teile dieser Elternschaft durch ihre Erfahrungen in zwei Gesellschaftsordnungen ebenso unbereit sein, die medialen Pauschalurteile zu akzeptieren wie sie (bzw. ihre Eltern) es vor zwanzig Jahren bezüglich der DDR-Mentholzigaretten- und anderen Lügen waren?
Ein Hauch einer Ahnung, dass zu viel Schwarzmalerei ins Gegenteil umschlagen könnte, scheint unseren Medien in den letzten Vorjubiläumstagen gekommen zu sein. So nahmen wir bei Herrn Plasberg dankbar zur Kenntnis, dass auch die politische Bildung der Wessis insofern zu wünschen übrig lasse, als alle Befragten einer Recherche Helmut Kohl als Schöpfer der "Wende" benannten. Nur eine Frau meinte, sie sei dem Volk zu danken.
In den letzten Tagen wurde die Vereinigungs-Geschichtschreibung immerhin durch ein Zugeständnis an die Wahrheit bereichert: In der "Berliner Zeitung" heißt es, dass die Ostdeutschen in den Novembertagen 1989 "dem Sozialismus noch einmal etwas Träumerisches zu verleihen" suchten. Aber sobald die Menschen dank Günter Schabowski Gelegenheit hatten, "die Alternative jenseits der Grenze zu studieren", wählten 75% von ihnen im März 1990 die von CDU, SPD und FDP (also vom westdeutschen Establishment)unterstützten Parteien und damit "den Weg in die Einheit". Ich erinnere mich allerdings nur an 40% der Stimmen und damit an den Wahlsieg der "Allianz für Deutschland", was rechnerisch nicht die Mehrheit des Volkes war. Weder die WählerInnen der DDR-Bauernpartei, noch der SDP (der DDR-SPD), der Grünen, schon gar nicht die SED-PDS-Wähler, also einer damals von etwa so vielen Personen gewählten Partei wie die heutige "Volkspartei" SPD, oder die WählerInnen anderer linken Gruppierungen identifizierten sich damals mit den Plänen der vom westdeutschen Establishment gesponserten Allianz. Was natürlich an der realen politischen Niederlage derer, die den Gallop in die Einheit aus guten Gründen nicht wollten, nichts ändert.
Der Wunsch nach einem "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", der Massen in der DDR zur Reform des repressiven Regimes motivierte, wird also in unseren Medien neuerdings nicht mehr völlig ausgeblenedet. Aber dieser Sozialismus war, wie uns der westdeutsche Journalist Harald Jähner in seinem zwei-Seiten-Artikel in der "Berliner Zeitung" erklärt, seit der Wahl im März 1990 "eine mausetote Idee" und hat sich auch nach zwanzig Jahren nicht wieder erholt. "Der Menschheitstraum" ist "zu Asche verfallen und eine Melancholie [ist] entstanden", die sich viele der ehemaligen DDR-Bürger, "vor allem Künstler und Intellektuelle, bis heute als Überlegenheit anrechnen".
Warum wohl wird für eine seit zwanzig Jahren mausetote, zu Asche zerfallene Idee so viel PR-Arbeit geleistet?
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Seit Jahresbeginn wird von der Mainstream Presse und dem FS dem Volk unermüdlich gepredigt, ...
dass die DDR sogar ein viel unrechterer Unrechtsstaat war als die UdSSR. So habe es prozentuell viel mehr Stasi- als KGB-Spitzel gegeben, behauptete ein Reporter einer Phoenix-Sendung, der wohl kaum über verlässliche Zahlen der Zuträger beider Dienste verfügen dürfte. Und natürlich war der DDR-Geheimdienst ganz anders und viel schrecklicher als alle Geheimdienste der westlichen Welt wie auch das Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen viel schrecklicher war als Guantanamo.
Keine Talkshow ließ das Thema aus; wenn sich in einer solchen einmal ein ostdeutscher Kabarettist ein etwas ausgewogeneres Urteil über den längst verwesten deutschen "Unrechtstaat" herausnahm, waren gleich "kompetente" Politikfachmänner zur Hand, deren pauschale Behauptungen vom wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR (Die DDR hatte zwei Millionen Schulden! Zwei Millionen, nicht 200 Milliarden.) man doch wohl glauben müsse.
Herr Hubertus Knabe rügte im DFunk mit drohendem Unterton, dass von ostdeutschen SchülerInenen sein geschichtsbildendes Institut so viel weniger frequentiert werde als von westdeutschen. Könnte es sein, das sich diese lieber von ihren Eltern anstatt
von Herrn Knabe historisch bilden lassen? Und könnten größere Teile dieser Elternschaft durch ihre Erfahrungen in zwei Gesellschaftsordnungen ebenso unbereit sein, die medialen Pauschalurteile zu akzeptieren wie sie (bzw. ihre Eltern) es vor zwanzig Jahren bezüglich der DDR-Mentholzigaretten- und anderen Lügen waren?
Ein Hauch einer Ahnung, dass zu viel Schwarzmalerei ins Gegenteil umschlagen könnte, scheint unseren Medien in den letzten Vorjubiläumstagen gekommen zu sein. So nahmen wir bei Herrn Plasberg dankbar zur Kenntnis, dass auch die politische Bildung der Wessis insofern zu wünschen übrig lasse, als alle Befragten einer Recherche Helmut Kohl als Schöpfer der "Wende" benannten. Nur eine Frau meinte, sie sei dem Volk zu danken.
In den letzten Tagen wurde die Vereinigungs-Geschichtschreibung immerhin durch ein Zugeständnis an die Wahrheit bereichert: In der "Berliner Zeitung" heißt es, dass die Ostdeutschen in den Novembertagen 1989 "dem Sozialismus noch einmal etwas Träumerisches zu verleihen" suchten. Aber sobald die Menschen dank Günter Schabowski Gelegenheit hatten, "die Alternative jenseits der Grenze zu studieren", wählten 75% von ihnen im März 1990 die von CDU, SPD und FDP (also vom westdeutschen Establishment)unterstützten Parteien und damit "den Weg in die Einheit". Ich erinnere mich allerdings nur an 40% der Stimmen und damit an den Wahlsieg der "Allianz für Deutschland", was rechnerisch nicht die Mehrheit des Volkes war. Weder die WählerInnen der DDR-Bauernpartei, noch der SDP (der DDR-SPD), der Grünen, schon gar nicht die SED-PDS-Wähler, also einer damals von etwa so vielen Personen gewählten Partei wie die heutige "Volkspartei" SPD, oder die WählerInnen anderer linken Gruppierungen identifizierten sich damals mit den Plänen der vom westdeutschen Establishment gesponserten Allianz. Was natürlich an der realen politischen Niederlage derer, die den Gallop in die Einheit aus guten Gründen nicht wollten, nichts ändert.
Der Wunsch nach einem "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", der Massen in der DDR zur Reform des repressiven Regimes motivierte, wird also in unseren Medien neuerdings nicht mehr völlig ausgeblenedet. Aber dieser Sozialismus war, wie uns der westdeutsche Journalist Harald Jähner in seinem zwei-Seiten-Artikel in der "Berliner Zeitung" erklärt, seit der Wahl im März 1990 "eine mausetote Idee" und hat sich auch nach zwanzig Jahren nicht wieder erholt. "Der Menschheitstraum" ist "zu Asche verfallen und eine Melancholie [ist] entstanden", die sich viele der ehemaligen DDR-Bürger, "vor allem Künstler und Intellektuelle, bis heute als Überlegenheit anrechnen".
Warum wohl wird für eine seit zwanzig Jahren mausetote, zu Asche zerfallene Idee so viel PR-Arbeit geleistet?
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Dienstag, 3. November 2009
Reisebericht aus dem Nahen Osten
Ziele der Reise des Abgeordneten Norman Paech (Die Linke) nach Palästina und Israel vom 3. bis 10. Oktober 2009 waren Gespräche mit Politikern und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NGO) über die politische und gesellschaftliche Situation in Israel und Palästina in Tel Aviv, dem Gazastreifen, Jerusalem, Ramallah und Bil’in.
Der tiefe Pessimismus fast aller Gesprächspartner über die Zukunft Palästinas ergab sich ...
aus dem mangelnden Verhandlungs- und Friedenswillen der gegenwärtigen israelischen Regierung, sowie dem fehlenden Einflusswillen der europäischen Regierungen und der US-Administration. Auch die Rolle Deutschlands wird von allen Gesprächspartnern als weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurückbleibend angesehen. Verständnis für die Hypothek aus der deutschen Vergangenheit darf nicht die Duldung und Unterstützung einer offen völkerrechtswidrigen Besatzungs- und Siedlungspolitik sowie die Tatenlosigkeit gegenüber einem Krieg mit schweren Kriegsverbrechen und der immer noch andauernden Blockade des Gaza-Streifens mit seinen katastrophalen Auswirkungen auf die Bevölkerung legitimieren.
Mit ihrer Blockadepolitik gegenüber der Hamas ist die deutsche Außenpolitik in eine
äußerst problematische Abhängigkeit zur israelischen und US-amerikanischen Boykottstrategie geraten. Daraus resultiert auch, dass sie sich weigert anzuerkennen, dass ihre Vorwürfe gegen die Hamas schon deshalb nicht zutreffen, weil diese, indem sie die Bildung eines Staates in der Westbank und Gaza akzeptiert, de facto die Anerkennung Israels anerkennt.
Eine aktuelle Studie der CIA, prognostiziert, dass Israel die nächsten 20 Jahre als Staat nicht überleben wird, weil in dieser Zeit etwa 1,5 Mio. Juden das Land verlassen werden, auf der anderen Seite aber ein Großteil der arabischen Flüchtlinge in die besetzten Gebiete zurückkehren wird. Auch unabhängig davon schwindet auch unter den Palästinenserinnen und Palästinensern die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung, weil die ungebremste Siedlungstätigkeit und der offenkundige Annexionswillen der politischen Klasse in Israel keine territoriale Basis für einen separaten palästinensischen Staat übrig lässt.
Israels Siedlungs- und Annexionspolitik untergräbt selbst das Ziel eines separaten „jüdischen Staates“ und damit seine eigene Staatlichkeit. Die Regierungen, die das Existenzrecht Israels garantieren, gefährden dieses somit ebenfalls mit ihrer täglichen Politik.
Eine Situation, die kaum andere als gewalt- und unrechtfördernde Perspektiven eröffnet, sofern es nicht gelingt, die Einsicht in der Welt zu verbreiten, dass, wer den Wind sät, ganz gewiss Sturm ernten wird.
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Der tiefe Pessimismus fast aller Gesprächspartner über die Zukunft Palästinas ergab sich ...
aus dem mangelnden Verhandlungs- und Friedenswillen der gegenwärtigen israelischen Regierung, sowie dem fehlenden Einflusswillen der europäischen Regierungen und der US-Administration. Auch die Rolle Deutschlands wird von allen Gesprächspartnern als weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurückbleibend angesehen. Verständnis für die Hypothek aus der deutschen Vergangenheit darf nicht die Duldung und Unterstützung einer offen völkerrechtswidrigen Besatzungs- und Siedlungspolitik sowie die Tatenlosigkeit gegenüber einem Krieg mit schweren Kriegsverbrechen und der immer noch andauernden Blockade des Gaza-Streifens mit seinen katastrophalen Auswirkungen auf die Bevölkerung legitimieren.
Mit ihrer Blockadepolitik gegenüber der Hamas ist die deutsche Außenpolitik in eine
äußerst problematische Abhängigkeit zur israelischen und US-amerikanischen Boykottstrategie geraten. Daraus resultiert auch, dass sie sich weigert anzuerkennen, dass ihre Vorwürfe gegen die Hamas schon deshalb nicht zutreffen, weil diese, indem sie die Bildung eines Staates in der Westbank und Gaza akzeptiert, de facto die Anerkennung Israels anerkennt.
Eine aktuelle Studie der CIA, prognostiziert, dass Israel die nächsten 20 Jahre als Staat nicht überleben wird, weil in dieser Zeit etwa 1,5 Mio. Juden das Land verlassen werden, auf der anderen Seite aber ein Großteil der arabischen Flüchtlinge in die besetzten Gebiete zurückkehren wird. Auch unabhängig davon schwindet auch unter den Palästinenserinnen und Palästinensern die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung, weil die ungebremste Siedlungstätigkeit und der offenkundige Annexionswillen der politischen Klasse in Israel keine territoriale Basis für einen separaten palästinensischen Staat übrig lässt.
Israels Siedlungs- und Annexionspolitik untergräbt selbst das Ziel eines separaten „jüdischen Staates“ und damit seine eigene Staatlichkeit. Die Regierungen, die das Existenzrecht Israels garantieren, gefährden dieses somit ebenfalls mit ihrer täglichen Politik.
Eine Situation, die kaum andere als gewalt- und unrechtfördernde Perspektiven eröffnet, sofern es nicht gelingt, die Einsicht in der Welt zu verbreiten, dass, wer den Wind sät, ganz gewiss Sturm ernten wird.
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Sonntag, 1. November 2009
Rahel - eine preussische Affaire. FS-Film bei ARTE 31.10.09, 21 Uhr
Welche Freude, einen Film zu sehen, der Geschichte nicht verfälscht und die handelnden Personen weder heroisiert noch verteufelt! Vom Leben der Salonière Rahel Varnhagen von Emse, geb. Levin (1771-1833) wird hauptsächlich die Zeit des ersten Salons in Berlin behandelt, den die Tochter eines jüdischen Kaufmanns vor 1812 betrieb. Er wurde standesübergreifend zum Treffpunkt ...
der damaligen preussischen Intelligenz und trug damit zur Verbreitung und Popularisierung der fortschrittlichsten Ideen der Zeit entscheidend bei.
Die Filmemacher bedienten sich der Korrespondenz der Rahel mit zeitgenössischen Wissenschaftlern, Künstlern, mit Bürgerlichen und Mitgliedern des Adels, die ihr späterer Ehemann Karl August Varnhagen von Emse nach ihrem Tode als ein Buch des Andenkens für ihre Freunde herausgab. Das verleiht dem Film Authentizität. Die wohltuend unaufdringlich aktualisierenden Kommentare (u.a. des Direktors des jüdischen Museums in Berlin) dienen als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die KommentatorInnen gebärden sich nicht als Richter über die historischen Persönlichkeiten, sondern befördern durch sachliche Erläuterung der historischen Situation Verständnis und Respekt für deren Motive und vor allem für ihre Leistungen. Weil für alle am Film Beteiligten die Bemühungen Rahel Levins und der übrigen Salonièren zu Beginn des 19. Jahrhunderts, soziale und kulturelle Schranken zu überwinden, einen wichtigen kulturellen Fortschritt darstellen, weil sie mit einem historischen Standpunkt an das Thema herangingen und es nicht an aktuell politische Interessen anpassten, entstand ein Portrait dieser interessanten Frau, das ihr und ihrer Zeit gerecht wurde und zugleich einsichtig und unterhaltsam war.
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der damaligen preussischen Intelligenz und trug damit zur Verbreitung und Popularisierung der fortschrittlichsten Ideen der Zeit entscheidend bei.
Die Filmemacher bedienten sich der Korrespondenz der Rahel mit zeitgenössischen Wissenschaftlern, Künstlern, mit Bürgerlichen und Mitgliedern des Adels, die ihr späterer Ehemann Karl August Varnhagen von Emse nach ihrem Tode als ein Buch des Andenkens für ihre Freunde herausgab. Das verleiht dem Film Authentizität. Die wohltuend unaufdringlich aktualisierenden Kommentare (u.a. des Direktors des jüdischen Museums in Berlin) dienen als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die KommentatorInnen gebärden sich nicht als Richter über die historischen Persönlichkeiten, sondern befördern durch sachliche Erläuterung der historischen Situation Verständnis und Respekt für deren Motive und vor allem für ihre Leistungen. Weil für alle am Film Beteiligten die Bemühungen Rahel Levins und der übrigen Salonièren zu Beginn des 19. Jahrhunderts, soziale und kulturelle Schranken zu überwinden, einen wichtigen kulturellen Fortschritt darstellen, weil sie mit einem historischen Standpunkt an das Thema herangingen und es nicht an aktuell politische Interessen anpassten, entstand ein Portrait dieser interessanten Frau, das ihr und ihrer Zeit gerecht wurde und zugleich einsichtig und unterhaltsam war.
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Freitag, 16. Oktober 2009
Unrechtmäßige Bereicherung?
Seit längerem wird in den Medien die Unverhältnismäßigkeit diskutiert, mit der immer häufiger Bagatelldelikte langjähriger Beschäftigter mit fristloser Entlassung geahndet werden. Dabei wird eingeräumt, dass es unverhältnismässig sei, wenn auf diese Weise Menschen, die ihrer Firma Jahre und sogar Jahrzehnte meist für wenig Geld zufriedenstellend gedient haben, wegen einer Kleinigkeit ...
für den Rest ihres Arbeitslebens auf Hartz IV reduziert und danach der Altersarmut preisgegeben werden. Immer wird aber zugleich betont, dass es bei Diebstahl keine Grenze nach unten gebe; auch ein gestohlener Cent zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Das ist prinzipiell richtig, verschleiert aber wesentliche Umstände.
In den mir bekannt gewordenen Fällen, in denen langjährig Beschäftigte Leergutbons an sich genommen hatten, wurde deren Absicht, sich mit deren Erlös zu bereichern (!), nicht nachgewiesen. Vielmehr wollte die eine Beschuldigte die Bons zurückgeben, was aber nicht rechtzeitig erfolgte, in dem anderen Fall wurde die Betreffende zu einer anderen Arbeit abgerufen, steckte den Bon in ihre Schürze und vergaß ihn. Bereits die Geringfügigkeit des Werts der nicht abgerechneten Bons unterstreicht, dass eine Bereicherungs- oder Betrugsabsicht nicht vorgelegen haben kann und ein Vertrauensbruch somit auch nicht stattfand. Allenfalls kann von einer Nachlässigkeit gesprochen werden, für die schlimmstenfalls eine Abmahnung angebracht gewesen wäre.
Im "Maultaschenfall" wird als strafverschärfend angeführt, dass der Arbeitgeber (vermutlich die Heimleitung des Altn- oder Pflegeheims)ausdrücklich verbot, dass das Personal übrig gebliebenes Essen verzehre. Es müsse entsorgt werden. Ich halte eine solche Anweisung für sittenwidrig. Weshalb soll Genießbares in den Müllcontainer geworfen werden? Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass erst einmal alle KlientInnen satt sind; was dann aber übrig ist, dürfte doch nicht vergeudet werden, sondern müsste jedem, der es gebrauchen kann, zur Verfügung stehen.
Bei diesen und ähnlichen Fällen dürfte es wohl eher um eine besonders infame Art, sich meist älterer, oder "aufmüpfiger" (evtl. in Betriebsräten oder der Gewerkschaft tätiger) Beschäftigter zu entledigen, gehen. Leider zeigen die mir bisher bekannten Fälle, dass die Justiz keineswegs immer auf der Seite der Schwächeren und Bedürftigeren steht.
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für den Rest ihres Arbeitslebens auf Hartz IV reduziert und danach der Altersarmut preisgegeben werden. Immer wird aber zugleich betont, dass es bei Diebstahl keine Grenze nach unten gebe; auch ein gestohlener Cent zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Das ist prinzipiell richtig, verschleiert aber wesentliche Umstände.
In den mir bekannt gewordenen Fällen, in denen langjährig Beschäftigte Leergutbons an sich genommen hatten, wurde deren Absicht, sich mit deren Erlös zu bereichern (!), nicht nachgewiesen. Vielmehr wollte die eine Beschuldigte die Bons zurückgeben, was aber nicht rechtzeitig erfolgte, in dem anderen Fall wurde die Betreffende zu einer anderen Arbeit abgerufen, steckte den Bon in ihre Schürze und vergaß ihn. Bereits die Geringfügigkeit des Werts der nicht abgerechneten Bons unterstreicht, dass eine Bereicherungs- oder Betrugsabsicht nicht vorgelegen haben kann und ein Vertrauensbruch somit auch nicht stattfand. Allenfalls kann von einer Nachlässigkeit gesprochen werden, für die schlimmstenfalls eine Abmahnung angebracht gewesen wäre.
Im "Maultaschenfall" wird als strafverschärfend angeführt, dass der Arbeitgeber (vermutlich die Heimleitung des Altn- oder Pflegeheims)ausdrücklich verbot, dass das Personal übrig gebliebenes Essen verzehre. Es müsse entsorgt werden. Ich halte eine solche Anweisung für sittenwidrig. Weshalb soll Genießbares in den Müllcontainer geworfen werden? Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass erst einmal alle KlientInnen satt sind; was dann aber übrig ist, dürfte doch nicht vergeudet werden, sondern müsste jedem, der es gebrauchen kann, zur Verfügung stehen.
Bei diesen und ähnlichen Fällen dürfte es wohl eher um eine besonders infame Art, sich meist älterer, oder "aufmüpfiger" (evtl. in Betriebsräten oder der Gewerkschaft tätiger) Beschäftigter zu entledigen, gehen. Leider zeigen die mir bisher bekannten Fälle, dass die Justiz keineswegs immer auf der Seite der Schwächeren und Bedürftigeren steht.
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Mittwoch, 7. Oktober 2009
Geschichtsklitterung
"Ohne die Wende wäre das Leben eines fünfzehnjährigen Schülers aus einem Dorf bei Leipzig ganz anders verlaufen. Die Frage ist, wie". Ja, was wäre dem Erzähler dieser Wendegeschichte, veröffentlicht in der FAZ vom 7. Mai 2009, passiert, wenn die reformierte DDR weiter existiert hätte, die einem "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", der ursprünglichen Zielstellung der protestierenden Massen, eine Chance geben wollte? Das erfahren wir nicht, denn ...
eine solche Option wird gar nicht erst erwogen.
Die allzu kurze Zeit des reformerischen Engagements, der ehrlichen, lesbaren und unterhaltsmen Medien, der vielfältigen Aktivitäten von Bürgerrechtsgruppen, nicht zuletzt der unabhängigen Frauenbewegung wurde rüde durch den Gallop in die Einheit und in die Währungsunion beendet und aus "Wir sind das Volk" wurde "Wir sind e i n Volk". Die eigenständige "samtene Revolution" spielt in der heutigen Geschichtsbetrachtung und also auch in dieser Story keinerlei Rolle. Die Wende ist in der Lesart der dem Mauerfall gewidmeten Beiträge in der o.g. FAZ das Werk der von protestantischen Pfarrern geführten Massen, die von vorn herein die Einheit Deutschlands und die Rückkehr zum Kapitalismus anstrebten.
Der Protagonist der Erzählung von Marcus Jauer (ein junget Mann von 34, somit zur Zeit der Wende 14) hat in München studiert, darf bei einer westdeutschen Zeitung "schreiben, was er will". (Dürfte er z.B. in der FAZ eine ernsthafte Kritik der israelischen Regierung und ihrer Politik gegenüber den Palästinensern veröffentlichen?) In Nepal erlebte er den "schönsten Sonnenaufgang seines Lebens". Einen solchen hätte er als DDR-Bürger zwar nicht in Nepal, aber z. B. im Kaukasus auch erleben können.
Wer oder was hat ihm in München, einer der teuersten Universitätsstädte Deutschlands, ein Studium ermöglicht? Dafür dürfte selbst ein Bafög nicht ganz gereicht haben, das ihm möglicherweise zustand, weil sein Vater als Leiter der Milchviehanlage eines sicherlich nach der Einheit abgewickelten Staatsgutes kaum wieder Arbeit gefunden haben wird. Vielleicht hat er gejobt und damit seine teure Miete bezahlt.
Den aus Sicht des Autors und der FAZ von 1949 bis 1989 gleichbleibend statischen DDR-Unrechtstaat beschreibt der an dessen Ende 14 jährige wie folgt: Die halbe Bevölkerung der DDR arbeitete in irgendeiner Weise für die Staatssicherheit.
Es gab allerdings auch Leute, die keine Spitzel waren.
Dort, wo der Erzähler herkommt, gab es weit und breit nur den Dreck, den die Braunkohlebrikettbetriebe hinterließen. In diesen muss sich sogar die arme alte Oma des Erzählers plagen, bis sie von ihrem Sohn, dem Vater des Erzählers, "befreit" wird. Wir erfahren nicht, welche Arbeit sie in der Brikettfabrik verrichtete, der Eindruck entsteht jedoch, als hätte man die Rentnerin den ganzen Tag im Abbau arbeiten lassen. (Warum um alles in der Welt hat sie sich nicht selbst um eine leichtere Arbeit bemüht? In der DDR hätte sie diese problemlos gefunden.) Nun darf sie endlich im Betrieb des Sohnes als Pförtnerin arbeiten; dies wird als ein dem Sohn, einem big Boss mit Parteibuch, geschuldetes Privileg dargestellt. Im Sommer fährt sie - als Rentnerin darf sie das - nach dem Westen, um dort auf dem Weingut der Westverwandten zu arbeiten, eine Plackerei, die sie gerne macht, weil sie danach mit Taschen voller Westschnickschnack in die DDR zurückzukehren kann.
In der überdisziplinierenden DDR, wo, wie in der gleichen FAZ auf S.9 im kleinen Glossar unter "Topfzwang" steht, sogar die Anfälligkeit der ostdeutschen Jugend für Rechtsradikalismus nach Meinung des Herrn Christian Pfeiffer dem Zwang zur kollektiven Toilettenbenutzung im Kindergrten geschuldet ist, darf ein Schüler ungeahndet während des Unterrichts laut singen.
Die SchülerInnen schrieben Aufsätze über die nach dem Ende des Braunkohleabbaus zu schaffenden blühenden Landschaften. Diese wurden tatsächlich realisiert - aber erst im Zeiten der deutschen Einheit. Den in DDR-Zeiten nach dem Ende des Abbaus geschaffenen Helenesee bei Frankfurt/Oder findet der Autor offenbar nicht erwähnenswert.
Berufsorientierung begann in DDR-Schulen schon in der Grundschule. Die Berufswünsche der Schüler wurden von dafür zuständigen (ehrenamtlichen) Mitgliedern der Eltern-Aktive notiert. Leitende Angehörige von Betrieben aus der Nachbarschaft wurden gebeten, den SchülerInnen Auskünfte über berufliche Möglichkeit in ihren Betrieben zu erteilen. Werbung für die Offizierslaufbahn erfolgte nur in der Oberstufe. Gewiss kam es vor, dass mit besonders begehrten Studienplätzen (der heutigen NC-Kategorien)gewunken wurde, wenn man sich bereit fände, sich für drei Jahre bei der NVA zu verpflichten. Die Mehrzahl der männlichen Studierenden kam jedoch direkt aus der EOS (erweiterten Oberschule) oder nach dem Grundwehrdienst zum Studium. Herrn Marcus Jauers Horrorstory von den drei mitten aus dem Unterricht nacheinander vom Direktor abgeschleppten und zu einem Wehrkreisbeauftragten geschafften Jungen, die zu zehn (!)Jahren Offizierslufbahn gezwungen wurden, kann sich so nicht abgespielt haben. Das Leben in der NVA bestand ebenso wenig ausschließlich aus demütigenden und entwürdigenden Praktiken der alten Hasen den neuen Rekruten gegenüber wie das in anderen westeuropäischen Armeen der Fall ist.
In der von Herrn Jauer bechriebenen DDR gab es offenbar nur Menschen, die wie der Vater des Protagonisten, ihre leitenden Stellungen diktatorisch missbrauchten und sich wie Oberaufseher zur Zeit der ostpreussischen Junker aufführten und vor denen die MitarbeiterInnen demütig wie zu Kaisers Zeiten kuschten. Selbst junge DDR-BürgerInnen wollten nur "Karriere machen", für ihren Beruf interessieren sie sich offenbar nicht, geschweige denn, dass sie irgend etwas verändern oder verbessern wollen. Dabei führte die Arbeitskräfteknappheit in der DDR meist dazu, dass sich die MitarbeiterInnen, wenn ihnen die Atmosphäre im Betrieb nicht passte, einfach eine andere Arbeitsstelle suchten.
Auch dass die vier (!) Pferde, die der Vater für das Gut anschaffte, wirklich nur von ihm und seinem Sohn geritten werden durften, ist unglaubhaft. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Reitstall aus dem Sozialfonds des Betriebes für die Gesundheitsförderung der MitarbeiterInnen angeschafft wurde. (Worunter hätte der Vater die Anschaffung sonst verbuchen können?) Dann wären auch andere MitarbeiterInnen in den Genuss von Reitstunden gekommen. Das aber wäre lange nicht so politisch korrekt wie die DDR-Bonzen-Privilegienwirtschaft, die hier dokumentiert wird.
Auch die Beschreibung des politischen Werdegangs des jungen Erzählers spricht Bände: Bereits im zarten Alter ist er ein eingefleischter Opportunist und will den Posten des Gruppenratsvorsitzenden, "weil er begriffen hatte, was Macht ist". In Wirklichkeit haben sich Typen wie der Erzähler stets erfolgreich von solchen Funktionen gedrückt und erst später irgendein Funktiönchen angenommen, damit in ihrem Abiturzeugnis ihr Interesse an "gesellschaftlicher Arbeit" dokumentiert wird. Er weiß bis heute nicht, worin die Aufgaben eines Gruppenratsvorsitzenden bestehen, da er in dieser Funktion nie etwas leistete. In manchen Jahren wurde er daher Agitator, eine Funktion, die er, wie er stolz berichtet, auch nicht erfüllte, weil er nie vorbereitet war.
Die Familie wohnte selbstverständlich in einem der geschmähten Plattenbauten inmitten einer ewigen Baugrube.(Hat es da nie einen Subbotnik der AnwohnerInnen gegeben, an dem sie die Baugrube zugeschüttet und bepflanzt haben?)Die 4-köpige Familie hatte nur halb so viel Platz wie der Erzähler in seiner jetzigen Wohnung, in der er allein wohnt. Unvermittelt und unglaubhaft behauptet er, ein bewusster Bürger der DDR und Sozialist gewesen zu sein, weil ihm "die Vorstellung gefiel, dass es eine Aufgabe gibt, die uns alle verbindet". Heute verbindet ihn jedenfalls nichts mit anderen Menschen außerhalb seines Jobs, weder ein Mensch, noch ein Haustier.
Diese Feststellung ist die einzige in dem Beitrag, die ich für absolut gaubwürdig halte.
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eine solche Option wird gar nicht erst erwogen.
Die allzu kurze Zeit des reformerischen Engagements, der ehrlichen, lesbaren und unterhaltsmen Medien, der vielfältigen Aktivitäten von Bürgerrechtsgruppen, nicht zuletzt der unabhängigen Frauenbewegung wurde rüde durch den Gallop in die Einheit und in die Währungsunion beendet und aus "Wir sind das Volk" wurde "Wir sind e i n Volk". Die eigenständige "samtene Revolution" spielt in der heutigen Geschichtsbetrachtung und also auch in dieser Story keinerlei Rolle. Die Wende ist in der Lesart der dem Mauerfall gewidmeten Beiträge in der o.g. FAZ das Werk der von protestantischen Pfarrern geführten Massen, die von vorn herein die Einheit Deutschlands und die Rückkehr zum Kapitalismus anstrebten.
Der Protagonist der Erzählung von Marcus Jauer (ein junget Mann von 34, somit zur Zeit der Wende 14) hat in München studiert, darf bei einer westdeutschen Zeitung "schreiben, was er will". (Dürfte er z.B. in der FAZ eine ernsthafte Kritik der israelischen Regierung und ihrer Politik gegenüber den Palästinensern veröffentlichen?) In Nepal erlebte er den "schönsten Sonnenaufgang seines Lebens". Einen solchen hätte er als DDR-Bürger zwar nicht in Nepal, aber z. B. im Kaukasus auch erleben können.
Wer oder was hat ihm in München, einer der teuersten Universitätsstädte Deutschlands, ein Studium ermöglicht? Dafür dürfte selbst ein Bafög nicht ganz gereicht haben, das ihm möglicherweise zustand, weil sein Vater als Leiter der Milchviehanlage eines sicherlich nach der Einheit abgewickelten Staatsgutes kaum wieder Arbeit gefunden haben wird. Vielleicht hat er gejobt und damit seine teure Miete bezahlt.
Den aus Sicht des Autors und der FAZ von 1949 bis 1989 gleichbleibend statischen DDR-Unrechtstaat beschreibt der an dessen Ende 14 jährige wie folgt: Die halbe Bevölkerung der DDR arbeitete in irgendeiner Weise für die Staatssicherheit.
Es gab allerdings auch Leute, die keine Spitzel waren.
Dort, wo der Erzähler herkommt, gab es weit und breit nur den Dreck, den die Braunkohlebrikettbetriebe hinterließen. In diesen muss sich sogar die arme alte Oma des Erzählers plagen, bis sie von ihrem Sohn, dem Vater des Erzählers, "befreit" wird. Wir erfahren nicht, welche Arbeit sie in der Brikettfabrik verrichtete, der Eindruck entsteht jedoch, als hätte man die Rentnerin den ganzen Tag im Abbau arbeiten lassen. (Warum um alles in der Welt hat sie sich nicht selbst um eine leichtere Arbeit bemüht? In der DDR hätte sie diese problemlos gefunden.) Nun darf sie endlich im Betrieb des Sohnes als Pförtnerin arbeiten; dies wird als ein dem Sohn, einem big Boss mit Parteibuch, geschuldetes Privileg dargestellt. Im Sommer fährt sie - als Rentnerin darf sie das - nach dem Westen, um dort auf dem Weingut der Westverwandten zu arbeiten, eine Plackerei, die sie gerne macht, weil sie danach mit Taschen voller Westschnickschnack in die DDR zurückzukehren kann.
In der überdisziplinierenden DDR, wo, wie in der gleichen FAZ auf S.9 im kleinen Glossar unter "Topfzwang" steht, sogar die Anfälligkeit der ostdeutschen Jugend für Rechtsradikalismus nach Meinung des Herrn Christian Pfeiffer dem Zwang zur kollektiven Toilettenbenutzung im Kindergrten geschuldet ist, darf ein Schüler ungeahndet während des Unterrichts laut singen.
Die SchülerInnen schrieben Aufsätze über die nach dem Ende des Braunkohleabbaus zu schaffenden blühenden Landschaften. Diese wurden tatsächlich realisiert - aber erst im Zeiten der deutschen Einheit. Den in DDR-Zeiten nach dem Ende des Abbaus geschaffenen Helenesee bei Frankfurt/Oder findet der Autor offenbar nicht erwähnenswert.
Berufsorientierung begann in DDR-Schulen schon in der Grundschule. Die Berufswünsche der Schüler wurden von dafür zuständigen (ehrenamtlichen) Mitgliedern der Eltern-Aktive notiert. Leitende Angehörige von Betrieben aus der Nachbarschaft wurden gebeten, den SchülerInnen Auskünfte über berufliche Möglichkeit in ihren Betrieben zu erteilen. Werbung für die Offizierslaufbahn erfolgte nur in der Oberstufe. Gewiss kam es vor, dass mit besonders begehrten Studienplätzen (der heutigen NC-Kategorien)gewunken wurde, wenn man sich bereit fände, sich für drei Jahre bei der NVA zu verpflichten. Die Mehrzahl der männlichen Studierenden kam jedoch direkt aus der EOS (erweiterten Oberschule) oder nach dem Grundwehrdienst zum Studium. Herrn Marcus Jauers Horrorstory von den drei mitten aus dem Unterricht nacheinander vom Direktor abgeschleppten und zu einem Wehrkreisbeauftragten geschafften Jungen, die zu zehn (!)Jahren Offizierslufbahn gezwungen wurden, kann sich so nicht abgespielt haben. Das Leben in der NVA bestand ebenso wenig ausschließlich aus demütigenden und entwürdigenden Praktiken der alten Hasen den neuen Rekruten gegenüber wie das in anderen westeuropäischen Armeen der Fall ist.
In der von Herrn Jauer bechriebenen DDR gab es offenbar nur Menschen, die wie der Vater des Protagonisten, ihre leitenden Stellungen diktatorisch missbrauchten und sich wie Oberaufseher zur Zeit der ostpreussischen Junker aufführten und vor denen die MitarbeiterInnen demütig wie zu Kaisers Zeiten kuschten. Selbst junge DDR-BürgerInnen wollten nur "Karriere machen", für ihren Beruf interessieren sie sich offenbar nicht, geschweige denn, dass sie irgend etwas verändern oder verbessern wollen. Dabei führte die Arbeitskräfteknappheit in der DDR meist dazu, dass sich die MitarbeiterInnen, wenn ihnen die Atmosphäre im Betrieb nicht passte, einfach eine andere Arbeitsstelle suchten.
Auch dass die vier (!) Pferde, die der Vater für das Gut anschaffte, wirklich nur von ihm und seinem Sohn geritten werden durften, ist unglaubhaft. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Reitstall aus dem Sozialfonds des Betriebes für die Gesundheitsförderung der MitarbeiterInnen angeschafft wurde. (Worunter hätte der Vater die Anschaffung sonst verbuchen können?) Dann wären auch andere MitarbeiterInnen in den Genuss von Reitstunden gekommen. Das aber wäre lange nicht so politisch korrekt wie die DDR-Bonzen-Privilegienwirtschaft, die hier dokumentiert wird.
Auch die Beschreibung des politischen Werdegangs des jungen Erzählers spricht Bände: Bereits im zarten Alter ist er ein eingefleischter Opportunist und will den Posten des Gruppenratsvorsitzenden, "weil er begriffen hatte, was Macht ist". In Wirklichkeit haben sich Typen wie der Erzähler stets erfolgreich von solchen Funktionen gedrückt und erst später irgendein Funktiönchen angenommen, damit in ihrem Abiturzeugnis ihr Interesse an "gesellschaftlicher Arbeit" dokumentiert wird. Er weiß bis heute nicht, worin die Aufgaben eines Gruppenratsvorsitzenden bestehen, da er in dieser Funktion nie etwas leistete. In manchen Jahren wurde er daher Agitator, eine Funktion, die er, wie er stolz berichtet, auch nicht erfüllte, weil er nie vorbereitet war.
Die Familie wohnte selbstverständlich in einem der geschmähten Plattenbauten inmitten einer ewigen Baugrube.(Hat es da nie einen Subbotnik der AnwohnerInnen gegeben, an dem sie die Baugrube zugeschüttet und bepflanzt haben?)Die 4-köpige Familie hatte nur halb so viel Platz wie der Erzähler in seiner jetzigen Wohnung, in der er allein wohnt. Unvermittelt und unglaubhaft behauptet er, ein bewusster Bürger der DDR und Sozialist gewesen zu sein, weil ihm "die Vorstellung gefiel, dass es eine Aufgabe gibt, die uns alle verbindet". Heute verbindet ihn jedenfalls nichts mit anderen Menschen außerhalb seines Jobs, weder ein Mensch, noch ein Haustier.
Diese Feststellung ist die einzige in dem Beitrag, die ich für absolut gaubwürdig halte.
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Montag, 10. August 2009
Salami Aleikum
Für mich war es der Film des Jahres! Eine Komödie, die nicht rührselig, sondern realistisch ist, Schauspieler und Schauspielerinnen, die die von ihnen verkörperten Figuren nicht verklären, aber auch nicht preisgeben. Und eine Geschichte, die den Ossis und den Migranten den Spiegel ...
ihrer Ähnlichkeit vorhält (sowohl was ihre fremdenfeindliche Borniertheit anlangt als auch ihre pragmatische Flexibilität)und Möglichkeiten profitabler Zusammenarbeit eröffnet. Herzerwärmend die Liebesgeschichte zwischen dem kleinen, aber sehr charmanten Iraker und der outsize Ex-Kugelstoßerin, umwerfend komisch die Umarmung der beiden angeschäkerten Väter in ihren jeweiligen aus Zeiten des persischen Schahs, bzw. der Nationalen Volksarmee der DDR hervorgekramten Uniformen.
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ihrer Ähnlichkeit vorhält (sowohl was ihre fremdenfeindliche Borniertheit anlangt als auch ihre pragmatische Flexibilität)und Möglichkeiten profitabler Zusammenarbeit eröffnet. Herzerwärmend die Liebesgeschichte zwischen dem kleinen, aber sehr charmanten Iraker und der outsize Ex-Kugelstoßerin, umwerfend komisch die Umarmung der beiden angeschäkerten Väter in ihren jeweiligen aus Zeiten des persischen Schahs, bzw. der Nationalen Volksarmee der DDR hervorgekramten Uniformen.
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Dienstag, 21. Juli 2009
Lesen Männer anders als Frauen?
Bemerkenswert scheint mir, dass Frauen und Männern meine Autobiografie "Die Überleberin. Jahrzehnte in Atlantis" Wien-Mülhausen 2008 völlig anders lesen. Speziell auf die ganzheitliche Konzeption meines Buchs reagieren die Geschlechter grundverschieden.
...
Ich war bemüht, alle Seiten des Lebens so darzustellen, wie es ihrer Bedeutung im realen Leben entspricht. So kommen darin nicht nur die wechselvollen Beziehungen zu meinen Kindern vor, sondern auch Haustiere als Mitgeschöpfe der Familie. Wie im „richtigen Leben“ spielen auch im Buch Liebes- und Freundschaftsbeziehungen ebenso eine Rolle wie die politischen Ereignisse oder die berufliche Entwicklung und Tätigkeiten der Verfasserin. Wo es kulturhistorischen Sinn macht, werden Banalitäten des Alltags – wie der Kauf eines alten Autos oder die gastronomischen Defizite in Ostseebädern in DDR-Zeiten - nicht ausgespart, denn ihnen eignet ein symbolischer Charakter.
Die Besprechungen männlicher Rezensenten haben mir erst zum Bewusstsein gebracht, dass vielen Männern – anders als Frauen - das Alltagsleben mit seinen Freuden und Problemen nicht nur banal erscheint, sondern unwichtig, unter Umständen sogar peinlich und auf alle Fälle nicht berichtenswert. Zubereitung und Genuss von Speisen, Beziehungen innerhalb der Familie, Garten- und Wohnungspflege, Urlaubs- und Feiertagsgestaltung, Umgang mit Geld u.Ä. sind für sie triviale Themen, die ihrer Meinung nach nichts Wesentliches über die Person oder die Zeit aussagen. Deshalb ging meinen mir durchaus wohlwollenden Rezensenten die Erwähnung von „Ausflugszielen, Autopannen, Familienfeiern, Jugendweihen, Katzenkrankheiten … gehörig auf die Nerven“. Sie sahen darin meine „Unfähigkeit, das umfangreiche biografische Material literarisch zu bündeln“ und ertrugen es nur deshalb, weil mein „Kampfgeist, … Selbstkritik, … die Begeisterungsfähigkeit, … das Streben nach Gemeinschaftlichkeit und natürlich die Leidenschaft für Politik“ sie von dem Buch „nicht loskommen ließ“.
Nun besteht selbst ein langes und sehr vielfältiges Leben wie das meine im wesentlichen aus Alltagssituationen und das Bewältigen großer historischer Zäsuren, von Krisen und Katastrophen stellt nur einen vergleichsweise geringen Teil des Lebens dar. Wie man sich einer ungewöhnlichen Herausforderung stellt, sagt durchaus etwas über eine Person aus. Aber ohne Kenntnis des Alltagsverhaltens eines Menschen, ohne zu erfahren, was ihm oder ihr tagtäglich abverlangt wird und wie er sich mit banalen Anforderungen auseinandesetzt, was ihn/sie glücklich oder traurig macht, wo er/sie fehlbar ist, wissen wir nicht viel über eine Person und nur wenig über die Zeit oder die Verhältnisse, in denen sie lebt. Sie wäre keine einigermaßen glaubhafte Gestalt, sondern eine heldische Pappkameradin.
„Quellen gehören ins Archiv.“, ist ein anderer „männlicher“ Einwand gegen meine "Detailversessenheit". Wenn ich aber aussagekräftige Quellen ausklammere oder nur interpretierend zusammenfasse, wie kann sich der Leser/die Leserin ein eigenes Urteil bilden?
Leserinnen haben mein Konzept der Ganzheitlichkeit ausnahmslos angenommen: Sie begrüßten die „faktenreichen Geschichten … aus einem Lebensalltag“ aus denen „ein Stück DDR-Geschichte [entstanden] sei, die nicht der Deutungshoheit derer überlassen wird, denen dieses Leben fremd war“. Eine Rezensentin lobte das Buch, "weil die Autorin die historische Ebene freimütig mit der persönlichen verbindet."
Leserinnen hielten gerade die Darstellung derjenigen Seiten des Lebens für wichtig und aussgefähig, die von Männern als Mangel an Schreibprofessionalität bewertet werden: „Ich hatte bisher noch keine Autobiografie gelesen, die so gründlich und so offen das Privatleben analysiert. Nicht nur die Familienbeziehungen, die Liebesbeziehungen, die Kinderfreuden und Kindersorgen, … auch die unterschiedlichen Erfahrungen mit Haustieren". Historiker und Historikerinnen, die sich für konkrete Themen des DDR-Alltags interessieren, würden später einmal auf ihre Kosten kommen.
Woran liegt es, dass sich männliches und weibliches Lesen, aber auch biografisches Schreiben so stark unterscheiden? Könnte es sein, dass auch noch im 21. Jahrhundert die uralten Rollenbilder vom Mann, der ins feindliche Leben hinausgeht, und der Frau, die an Haus und Herd gebunden ist und damit den Alltagsbanalitäten ihre Aufmerksamkeit schenken und für tausend Nebensächlichkeiten Zeit haben muss, das Lesen und Schreiben der Geschlechter prägt?
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Ich war bemüht, alle Seiten des Lebens so darzustellen, wie es ihrer Bedeutung im realen Leben entspricht. So kommen darin nicht nur die wechselvollen Beziehungen zu meinen Kindern vor, sondern auch Haustiere als Mitgeschöpfe der Familie. Wie im „richtigen Leben“ spielen auch im Buch Liebes- und Freundschaftsbeziehungen ebenso eine Rolle wie die politischen Ereignisse oder die berufliche Entwicklung und Tätigkeiten der Verfasserin. Wo es kulturhistorischen Sinn macht, werden Banalitäten des Alltags – wie der Kauf eines alten Autos oder die gastronomischen Defizite in Ostseebädern in DDR-Zeiten - nicht ausgespart, denn ihnen eignet ein symbolischer Charakter.
Die Besprechungen männlicher Rezensenten haben mir erst zum Bewusstsein gebracht, dass vielen Männern – anders als Frauen - das Alltagsleben mit seinen Freuden und Problemen nicht nur banal erscheint, sondern unwichtig, unter Umständen sogar peinlich und auf alle Fälle nicht berichtenswert. Zubereitung und Genuss von Speisen, Beziehungen innerhalb der Familie, Garten- und Wohnungspflege, Urlaubs- und Feiertagsgestaltung, Umgang mit Geld u.Ä. sind für sie triviale Themen, die ihrer Meinung nach nichts Wesentliches über die Person oder die Zeit aussagen. Deshalb ging meinen mir durchaus wohlwollenden Rezensenten die Erwähnung von „Ausflugszielen, Autopannen, Familienfeiern, Jugendweihen, Katzenkrankheiten … gehörig auf die Nerven“. Sie sahen darin meine „Unfähigkeit, das umfangreiche biografische Material literarisch zu bündeln“ und ertrugen es nur deshalb, weil mein „Kampfgeist, … Selbstkritik, … die Begeisterungsfähigkeit, … das Streben nach Gemeinschaftlichkeit und natürlich die Leidenschaft für Politik“ sie von dem Buch „nicht loskommen ließ“.
Nun besteht selbst ein langes und sehr vielfältiges Leben wie das meine im wesentlichen aus Alltagssituationen und das Bewältigen großer historischer Zäsuren, von Krisen und Katastrophen stellt nur einen vergleichsweise geringen Teil des Lebens dar. Wie man sich einer ungewöhnlichen Herausforderung stellt, sagt durchaus etwas über eine Person aus. Aber ohne Kenntnis des Alltagsverhaltens eines Menschen, ohne zu erfahren, was ihm oder ihr tagtäglich abverlangt wird und wie er sich mit banalen Anforderungen auseinandesetzt, was ihn/sie glücklich oder traurig macht, wo er/sie fehlbar ist, wissen wir nicht viel über eine Person und nur wenig über die Zeit oder die Verhältnisse, in denen sie lebt. Sie wäre keine einigermaßen glaubhafte Gestalt, sondern eine heldische Pappkameradin.
„Quellen gehören ins Archiv.“, ist ein anderer „männlicher“ Einwand gegen meine "Detailversessenheit". Wenn ich aber aussagekräftige Quellen ausklammere oder nur interpretierend zusammenfasse, wie kann sich der Leser/die Leserin ein eigenes Urteil bilden?
Leserinnen haben mein Konzept der Ganzheitlichkeit ausnahmslos angenommen: Sie begrüßten die „faktenreichen Geschichten … aus einem Lebensalltag“ aus denen „ein Stück DDR-Geschichte [entstanden] sei, die nicht der Deutungshoheit derer überlassen wird, denen dieses Leben fremd war“. Eine Rezensentin lobte das Buch, "weil die Autorin die historische Ebene freimütig mit der persönlichen verbindet."
Leserinnen hielten gerade die Darstellung derjenigen Seiten des Lebens für wichtig und aussgefähig, die von Männern als Mangel an Schreibprofessionalität bewertet werden: „Ich hatte bisher noch keine Autobiografie gelesen, die so gründlich und so offen das Privatleben analysiert. Nicht nur die Familienbeziehungen, die Liebesbeziehungen, die Kinderfreuden und Kindersorgen, … auch die unterschiedlichen Erfahrungen mit Haustieren". Historiker und Historikerinnen, die sich für konkrete Themen des DDR-Alltags interessieren, würden später einmal auf ihre Kosten kommen.
Woran liegt es, dass sich männliches und weibliches Lesen, aber auch biografisches Schreiben so stark unterscheiden? Könnte es sein, dass auch noch im 21. Jahrhundert die uralten Rollenbilder vom Mann, der ins feindliche Leben hinausgeht, und der Frau, die an Haus und Herd gebunden ist und damit den Alltagsbanalitäten ihre Aufmerksamkeit schenken und für tausend Nebensächlichkeiten Zeit haben muss, das Lesen und Schreiben der Geschlechter prägt?
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Dienstag, 14. Juli 2009
Der Pluralismus unserer Medien
Obwohl mein Verleger mir über meine Autobiographie "Die Überleberin. Jahrzehnte in nAtlantis" schrieb, sie sei „ein Lichtblick in der Flut der täglich eingehenden Manuskripte", konnte er sich, als er in Österreich oder Deutschland für das Buch warb, wenden, an welche JournalistInnen, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunksender, Fernsehkanäle, große Bibliotheken er wollte, ...
stets erhielt er einen Korb. „Das Buch ist nicht leicht einzuordnen: einerseits Exilliteratur, andererseits Zeitgeschichte, feministisch, sozialistisch, wissenschaftlich und gleichzeitig ‚persönlich’. Für dem 'Mainstream' ist das Buch politisch inakzeptabel: Die Autorin ist aus England nach Deutschland zurückgegangen (was die Österreicher mühsam finden), Sie ist nach Ostberlin gegangen (was die Westdeutschen mühsam finden). Sie verurteilt die DDR nicht pauschal, Sie ist kritisch gegenüber der ‚Wiedervereinigung’ und noch dazu Feministin. Sie bezieht trotz jüdischer Herkunft eine kritische Haltung zum Staat Israel“ fasste er die Lage zusammen. Die Mainstream-Publizistik ignoriert das Buch daher konsequent.
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stets erhielt er einen Korb. „Das Buch ist nicht leicht einzuordnen: einerseits Exilliteratur, andererseits Zeitgeschichte, feministisch, sozialistisch, wissenschaftlich und gleichzeitig ‚persönlich’. Für dem 'Mainstream' ist das Buch politisch inakzeptabel: Die Autorin ist aus England nach Deutschland zurückgegangen (was die Österreicher mühsam finden), Sie ist nach Ostberlin gegangen (was die Westdeutschen mühsam finden). Sie verurteilt die DDR nicht pauschal, Sie ist kritisch gegenüber der ‚Wiedervereinigung’ und noch dazu Feministin. Sie bezieht trotz jüdischer Herkunft eine kritische Haltung zum Staat Israel“ fasste er die Lage zusammen. Die Mainstream-Publizistik ignoriert das Buch daher konsequent.
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Sonntag, 5. Juli 2009
Wege übers Land
Der FS Sender RBB bereitete den älteren ostdeutschen ZuchauerInnen gestern einen besonderen Genuss: Er brachte den dreiteiligen DDR-FS-Film "Wege übers Land" aus dem Jahre 1968. Allein um die namhaften SchauspielerInnen Ursula Karusseit, Manfred Krug, Erik S. Klein, Armin Müller-Stahl, Erika Pelikowsky, Angelika Domröse, Maja Antoni, die meisten noch sehr jung, aber bereits überzeugende KönnerInnen, wieder agieren zu sehen, war es wert, viereinhalb Stunden vor dem Fernsehen zuzubringen. Der Film, ...
der sich auf das Buch von Sakowski stützte, hatte aber auch außer erstklassiger Schauspielkunst etwas zu bieten, das bereits damals und erst recht heute Seltenheitswert hat: Eine unaufdringlich humanistische Gesinnung. Niemand, nicht die versoffene Kätnerin, noch die standesbewusste alte Großbäuerin, nicht der landlose Bauer und Arbeitsdienstfunktionär oder Armin Müller-Stahl als Mitarbeiter des Gauleiters Funk in Polen wird als menschliche Wesen preisgegeben. Keiner wird zum Papiertiger. Wiewohl das NS-Regime im Film keine seiner Scheußlichkeiten verbirgt, unterlassen die Produzenten jegliche naturalistische Sensationshascherei. Umso deutlicher wird die Leistung derer sichtbar, die den gefährlichen Schritt in die Zivilcourage tun und wie die Kätnerstochter Gertrud (Karusseit)sich eines jüdischen Kindes annimmt, dessen Leben und das eines weiteren Kindes sie konsequent und gegen alle Fährnisse des Regimes und des Krieges erfolgreich verteidigt. Selbst aus den KommnistInnen werden keine Superstar-Helden gemacht. Dies ist vor allem das Verdienst von Manfred Krug, der in jeder Sequenz des Films nachvollziehbar macht, warum für zahlreiche junge Ostdeutsche in den ersten Jahrzehnten der DDR Leute wie der von ihm verkörperte junge Kommunist nachahmenswürdige Vorbildfunktionen ausübten. So unpathetisch, lakonisch und unpropagandistisch wie der Beginn des Films ist auch sein Schluss: Manfred Krug zwingt die Großbauern durch einen geistreichen Trick, Milch für die Ernährung der hungernden Flüchtlingskinder abzugeben. Die neue Zeit beginnt also nicht nur mit Hunger und Elend. Sie zeigt auch ihre (leider später verspielten) menschliche Potenz.
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der sich auf das Buch von Sakowski stützte, hatte aber auch außer erstklassiger Schauspielkunst etwas zu bieten, das bereits damals und erst recht heute Seltenheitswert hat: Eine unaufdringlich humanistische Gesinnung. Niemand, nicht die versoffene Kätnerin, noch die standesbewusste alte Großbäuerin, nicht der landlose Bauer und Arbeitsdienstfunktionär oder Armin Müller-Stahl als Mitarbeiter des Gauleiters Funk in Polen wird als menschliche Wesen preisgegeben. Keiner wird zum Papiertiger. Wiewohl das NS-Regime im Film keine seiner Scheußlichkeiten verbirgt, unterlassen die Produzenten jegliche naturalistische Sensationshascherei. Umso deutlicher wird die Leistung derer sichtbar, die den gefährlichen Schritt in die Zivilcourage tun und wie die Kätnerstochter Gertrud (Karusseit)sich eines jüdischen Kindes annimmt, dessen Leben und das eines weiteren Kindes sie konsequent und gegen alle Fährnisse des Regimes und des Krieges erfolgreich verteidigt. Selbst aus den KommnistInnen werden keine Superstar-Helden gemacht. Dies ist vor allem das Verdienst von Manfred Krug, der in jeder Sequenz des Films nachvollziehbar macht, warum für zahlreiche junge Ostdeutsche in den ersten Jahrzehnten der DDR Leute wie der von ihm verkörperte junge Kommunist nachahmenswürdige Vorbildfunktionen ausübten. So unpathetisch, lakonisch und unpropagandistisch wie der Beginn des Films ist auch sein Schluss: Manfred Krug zwingt die Großbauern durch einen geistreichen Trick, Milch für die Ernährung der hungernden Flüchtlingskinder abzugeben. Die neue Zeit beginnt also nicht nur mit Hunger und Elend. Sie zeigt auch ihre (leider später verspielten) menschliche Potenz.
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