Donnerstag, 5. August 2010

Generationsprobleme

Schon immer, wenn sich die Schere zwischen den Reichen und den Armen weiter öffnete, konnten wir zwei Phänomene beobachten: Anstelle der seinerzeit von den Römern circenses genannten grausamen Belustigungen, die das Volk ablenken sollten, wenn das Brot nicht reichte, gibt es heute mit großem Medienhype hochgepuschte Fußballweltmeisterschaften, einen Papstbesuch oder ein anderes Massenevent.

Anders als im Alten Rom wärmen Historiker, Soziologen oder Politiker heutzutage mit schöner Regelmäßigkeit das Generationsproblem auf. Sie spielen die „viel zu wohlhabenden“ Alten gegen die arme junge Generation aus.

Die aktuelle Rentnergeneration ...

steht tatsächlich relativ gut da (zumindest die männliche Hälfte), weil es sich um ehemals ca. 40 bis 50 Jahre Vollbeschäftigte handelt. Dazu kommt, dass die im Westen lebenden in den 60er bis 80er Jahren Löhne und Gehälter erhielten, von denen sie nicht nur ihre Existenz sichern, sondern auch etwas zurücklegen und anlegen konnten. So durften auch sie an der Ausbeutung der Dritten Welt ein wenig teilhaben. Die heute Jungen gehören dagegen massenhaft und zunehmend zu einer Generation prekär Beschäftigter, zu Leiharbeitern, befristet Tätigen, 1 €-Jobbern, 0-€ PraktikantInnen und für 400,00€/Monat Beschäftigten. Dafür können aber nicht ihre Eltern und Großeltern, sondern das ist, „der Wirtschaft“ und „der Politik“ geschuldet. Auch die Gewerkschaften, die Errungenschaften, die die Arbeiterbewegung in 150 Jahren Kampf durchsetzte, Stück für Stück preisgaben, haben daran eine Aktie.

Diese Tatbestände wurden bereits vor einigen Jahren von Herrn Maßfelder auf den Kopf gestellt, dessen Vorschlag, den Alten keine orthopädische Prothesen mehr zu finanzieren, damals noch breit gefächerte Empörung auslöste.

Heute erfahren wir sogar aus der sonst nicht rechtskonservativen „Berliner Zeitung“ aus der Feder von Herrn Götz Aly am 03. August 2010, dass die „ausgefallenen Rentenkürzungen 47 Mrd. Euro ausmachen“ (peanuts im Vergleich mit dem, was zur Rettung der Banken zur Verfügung gestellt wurde) und dass dies „die kalte Enteignung der nachwachsenden Generation“ bedeute. Und er warnt uns, dass „die mit mathematischer Notwendigkeit fortschreitende Kinderlosigkeit und Überalterung unserer Gesellschaft … bald auf die selbstsüchtigen Alten zurückfallen“ werde. Dann, o Graus, „wird auf Partys nicht mehr über Kinder und Enkel gesprochen, sondern über Kreuzschifffahrten, Hörapparate und die besten Beerdigungen im vergangenen Monat“.

So einfach kann man das Leben erklären! Die Armen sind alle jung (zu welcher Generation gehören eigentlich die minus 60-jährigen Bank-Manager, Spitzenpolitiker und Sportler, Spekulanten und Chefs transnationaler Konzerne?), die Jungen alle arm und werden von den Alten ausgebeutet, die alle reich sind, auch geschiedene und keine eigene Rente besitzende Westfrauen. Also müssen wir nur ganz schnell alle Alten enteignen und schon ist das Problem der präkären Arbeitsverhältnisse, von denen keine/r leben kann, ohne dass ihm/sie der Steuerzahler vom Hungertod bewahrt, der enormen Staatschulden, der Umweltzerstörung und der noch längst nicht überwundenen Krise gelöst.

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