Dienstag, 8. Juni 2010

Wer hätte das vor 20 Jahren für möglich gehalten?

Wer hätte gedacht, dass die Partei, die einst Heinemann und Rau zu Bundespräsidenten kürte, und die gar nicht auf die Idee kam, sich seinerzeit für den für alle BürgerInnen wählbaren christlich-sozialen Richard Weizsäcker zu engagieren, einmal einen Mann nominieren würde, der sogar den von der Gegenseite vorgeschlagenen Konservativen um Längen rechts überholt? Wie kommt es, dass es dieser Partei völlig ausreicht, dass der Bewerber ein ausgewiesener Antikommunist ist. Es interessierte offenbar weder die SPD noch die Grünen, ...

wie er zu den aktuellen Kontroversen steht, denn darüber gibt es keinerlei Aussagen. Was er von der Politik seiner Nominierer hält, die sich immerhin kritisch zu dem Sparpaket der Bundeskanzlerin und seinem schweren Übergewicht zu Ungunsten der bereits Verarmten und Ausgegrenzten geäußert haben und von einer effizienten Regulierung der Finanzmärkte reden, ist auch nicht mitgeteilt worden. Nicht nur den Sozialdemokraten, auch der Partei, der einst Petra Kelly angehörte, ist es offenbar total egal, was der von ihnen vorgeschlagene Bundespräsident für politische Vorstellungen darüber hat, wie Deutschland nicht nur aus der derzeitigen, von der Politik mitverschuldeten Krise herauskommen könnte, sondern auch wie sich ein nachhaltig soziales und umweltfreundliches Deutschland, das eine menschenfreundliche und nicht finanzkapitalhörige Globalität befördert, entwickeln könnte. Wir erfahren nur, dass er die Distanz zwischen BürgerInnen und Politik, die allgemeine Politikverdrossenheit, die sich in Wahlabstinenz manifestiert, überwinden will. Deren soziopolitische Ursachen haben ihn offenbar niemals interessiert.
Noch beklagenswerter für den politischen Zustand unserer so genannten Opposition ist die Bereitschaft einiger wichtiger Männer der ehemals als „Schmuddelkinder der Politik“ ausgegrenzten Partei, die auch Bereitschaft bekundet haben, den rot-grünen Präsidentschaftskandidaten zu wählen, weil sie glauben, damit den Sturz der Regierung zu befördern. Man wähle also einen ultrarechten Präsidenten, mit dem diese Regierung bestimmt keinen Streit haben wird, wenn er denn gewählt würde mit der Begründung, damit würde die Regierung stürzen, deren Schicksal gewiss nicht davon abhängt, wer der nächste mehr oder weniger erzkonservative Bundespräsident wird. Wem wird nicht übel bei dem unanständigen Vorschlag, einen ausgewiesenen Gegner des Sozialismus aus nicht einmal zutreffenden taktischen Gründen zu wählen!
Gewiss ist der SPD-Grünen-Kandidat ein konsequenter Mann, denn er hat sein ganzes politisches Leben lang seine Grundauffassung nie geändert. Wie er damit die SozialistInnen oder auch nur die sozial denkenden FortschrittsfreundInnen in der SPD und in der Linken repräsentieren soll, bleibt das Geheimnis seiner Nominierer.
Gibt es im Bundesparlament wirklich keine Einsicht, dass heute Persönlichkeiten an der Spitze des Staates benötigt werden, die nach vorn blicken und sich den aktuellen Problemen vorurteilslos und innovativ stellen?

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