Freitag, 16. Oktober 2009

Unrechtmäßige Bereicherung?

Seit längerem wird in den Medien die Unverhältnismäßigkeit diskutiert, mit der immer häufiger Bagatelldelikte langjähriger Beschäftigter mit fristloser Entlassung geahndet werden. Dabei wird eingeräumt, dass es unverhältnismässig sei, wenn auf diese Weise Menschen, die ihrer Firma Jahre und sogar Jahrzehnte meist für wenig Geld zufriedenstellend gedient haben, wegen einer Kleinigkeit ...

für den Rest ihres Arbeitslebens auf Hartz IV reduziert und danach der Altersarmut preisgegeben werden. Immer wird aber zugleich betont, dass es bei Diebstahl keine Grenze nach unten gebe; auch ein gestohlener Cent zerstöre das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Das ist prinzipiell richtig, verschleiert aber wesentliche Umstände.
In den mir bekannt gewordenen Fällen, in denen langjährig Beschäftigte Leergutbons an sich genommen hatten, wurde deren Absicht, sich mit deren Erlös zu bereichern (!), nicht nachgewiesen. Vielmehr wollte die eine Beschuldigte die Bons zurückgeben, was aber nicht rechtzeitig erfolgte, in dem anderen Fall wurde die Betreffende zu einer anderen Arbeit abgerufen, steckte den Bon in ihre Schürze und vergaß ihn. Bereits die Geringfügigkeit des Werts der nicht abgerechneten Bons unterstreicht, dass eine Bereicherungs- oder Betrugsabsicht nicht vorgelegen haben kann und ein Vertrauensbruch somit auch nicht stattfand. Allenfalls kann von einer Nachlässigkeit gesprochen werden, für die schlimmstenfalls eine Abmahnung angebracht gewesen wäre.
Im "Maultaschenfall" wird als strafverschärfend angeführt, dass der Arbeitgeber (vermutlich die Heimleitung des Altn- oder Pflegeheims)ausdrücklich verbot, dass das Personal übrig gebliebenes Essen verzehre. Es müsse entsorgt werden. Ich halte eine solche Anweisung für sittenwidrig. Weshalb soll Genießbares in den Müllcontainer geworfen werden? Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass erst einmal alle KlientInnen satt sind; was dann aber übrig ist, dürfte doch nicht vergeudet werden, sondern müsste jedem, der es gebrauchen kann, zur Verfügung stehen.
Bei diesen und ähnlichen Fällen dürfte es wohl eher um eine besonders infame Art, sich meist älterer, oder "aufmüpfiger" (evtl. in Betriebsräten oder der Gewerkschaft tätiger) Beschäftigter zu entledigen, gehen. Leider zeigen die mir bisher bekannten Fälle, dass die Justiz keineswegs immer auf der Seite der Schwächeren und Bedürftigeren steht.